Bronzefigur
         
Schmuck
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Replik einer Bronzefigur gefunden bei Akureyri, Island
       
Das Vorbild der hier gezeigten Figur wurde bereits 1816 bei Ausgrabungen in der Nähe des Eyjafjörður, eines Fjordes nahe der Stadt Akureyri in Nordisland, gefunden. Es handelt sich um eine 6,7 cm hohe Figur, die in verlorener Form aus einer gelblichen Kupferlegierung gegossen wurde und möglicherweise sogar vergoldet war. Das Original zeigt deutliche Stilelemente des Ringerikestils, womit es in die Zeit um das Jahr 1000 datieren dürfte. 

Bereits zu Beginn ihrer Entdeckung wurde die Figur, aufgrund des hammerähnlichen Objektes, in das die Figur greift, als Darstellung des Gottes Thor interpretiert. Allerdings ist eine solche Darstellung des Hammers Mjöllnir bisher einzigartig in Nordeuropa, weswegen es immer wieder Zweifel an der Ansprache als Darstellung Thors gab. So gab es immer wieder neue Vorschläge und Interpretationen über die Funktion oder Sinn der Bronzefigur. Die Bandbreite reicht dabei von der Wiedergabe Odins oder einer unbekannten Gottheit über die Ansprachen als Spielstein, Gewicht, Spielzeug bis hin zu einem Mann, der einfach ein Kreuz in Händen hält.

Der dabei noch interessanteste Ansatz stammt von Lotte Motz, der die Ansicht vertritt, es handele sich bei der Figur um einen Musiker, der eine Doppelflöte spiele. Derartige Flöten sind uns zwar aus der Antike und dem Hochmittelalter bekannt, fehlen im Frühmittelalter dagegen offenbar völlig. Das Vorhandensein solcher Instrumente auch in der Wikingerzeit kann aber zumindest nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Allerdings sehen die bildlichen Darstellungen dieser Instrumente völlig anders aus als das Objekt, das die Figur aus Island in Händen hält. Die bekannten Doppelflöten enden in einzelnen Röhren. Während sich bei dem Figürchen zwei Stränge kreuzartig miteinander verbinden.

Der wohl bisher überzeugendste Interpretationsansatz stammt dagegen von Richard Perkins. Er spricht die Figur wieder als Darstellung des Gottes Thor an, geht also zurück zu den Wurzeln. Allerdings widerspricht er der Ansicht, das Objekt in den Händen der Figur sei ein Thorshammer. 
Perkins bezieht sich auf einen Teil der Saga von Olaf Tryggvason, genauer den als Rögnvalds þáttr ok Rauðs bekannten Text. Dort wird beschrieben Rauð habe auf einer Insel gewohnt und ein Bildnis des Gottes Thor besessen, das so mächtig gewesen sei, dass dieses mit ihm gehen und sprechen konnte. Als Olaf Tryggvason sich per Schiff, seiner Insel näherte, um ihn zu christianisieren, bat Rauð Thor, er möge den feindlichen Schiffen ungünstige Winde entgegenschicken, die es unmöglich machten, seine Insel zu erreichen. 
Der Gott erhöhrte ihn und sandte die erbetenen Winde aus, indem er seinen Bart ergriff und in ihn hineinblies. Perkins übersetzt die altisländische Passage in etwa: "Thor blies kräftig nach unten in seine Barthaare und ließ die Stimme seinen Bartes ertönen."

   
       
         
Literaturnachweis:
K. Eldjárn, The bronze figure from Eyrarland. In: U. Dronke (Hrg.), Speculum Norrœnum. Norse studies in memory of  Gabriel Turville-Petre (Odense 1981), S. 73-84.
L. Motz, New Thoughts on an Archaic Artifact. The Mankind Quarterly 32 (1992), S. 231-240.
R. Perkins, Thor the Wind-Raiser and the Eyrarland Image (London 2001).