Waaggewichte
         
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Verschiedene Varianten wikingerzeitlicher Normgewichte
       
Genau wie die Klappwaagen handelt es sich bei Waaggewichten, um Gerätschaften, die zusammen mit dem Silberzustrom aus dem arabischen Raum in den Norden gekommen sind. Ibn Fadlan berichtet in seinem Reisebericht ins Gebiet der Kiewer Rus, dass die Wolgabulgaren auch mit"den Kreiseln und Würfeln" handeln würden. Möglicherweise handelte es sich hierbei um Feingewichte, die entlang der russischen Handelswege in den Norden gelangten.   
       
Die oben gezeigten Gewichtstypen sind erstmals in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts nachweisbar und verbreiten sich ziemlich schnell im Ostseeraum. Es handelt sich bei ihnen um Repräsentanten normierter Gewichtseinheiten. Was umso erstaunlicher erscheint, da es zu jener Zeit keine Obrigkeit im Baltikum gab, die diese Normierung hätte durchsetzen können. Diese muss von den Händlern selbst eingeführt worden sein.  Allerdings zeugen unzählige Gewichte aus Blei (die weder in ihrem Formen-, noch Gewichtsspektrum normiert waren) vom regen Gebrauch persönlicher und kleinräumiger Gewichtssysteme.
Die frühen Gewichte wurden aus Eisen geferrtigt, das anschließend mit einer dünnen Haut aus einer Kupfer- legierung versehen wurde. Dadurch wurde eine unbemerkte Manipulation der Gewichte erschwert, wenn nicht sogar völlig unmöglich gemacht, da jede Veränderung die Schutzhaut beschädigt hätte. erst am Ende des 10. Jahrhunderts kommen erste Normgewichte auf, die komplett aus der Kupferlegierung hergestellt wurden.
       
Man teilt die Gewichte in der Regel in zwei Kategorien ein:

Kubooktaeder (vordere Reihe): Sie hatten die Form von Würfeln, deren Ecken abgeschnitten worden sind. Die viereckigen Würfelflächen wiesen in der Regel Randbegleitende Punktreihen auf, während mittig durch Kreis- oder Kreisaugenkombinationen der Gewichtswert angegeben wird. Die Anordnung der gewichtsangebenden Kreise erfolgte - wie bei modernen Würfeln - in Zweiergruppen. Ebenso wie die Würfelflächen, konnten häufig auch die Dreieckflächen durch randbegleitende Punkte verziert sein. Kubooktaeder sind kleiner und somit leichter als die zweite Gewichtsform. Diese beschreibt man in der Regel als:

Kugelzonengewichte (hintere Reihe):
Diese hatten die Form von Kugeln, deren obere und untere Basen flach gestaltet sind. Ebenso wie die kleineren Kubooktaeder, trugen diese Flächen randbegleitende Zierpunktreihen und wertangebende Kreismuster in der Mitte der Fläche. Im Gegensatz zu den Kubooktaedern sind Kugelzonengewichte jedoch über die Zeit mehreren kleinen Veränderungen unterworfen. So verschwindet beispielsweise die Randzier während des 11. Jahrhunderts. Und waren während des 9. und 10. Jahrhunderts die Wertkreise noch durch geschwungene Linien miteinander verbunden, so verschwinden diese allmählich gegen Ende des 10. Jahrhunderts.
Auch äußerlich gab es einige Änderungen. Die Gewichte des 9. und 10. Jahrunderts waren im Querschnitt noch wirklich annähernd Kreisrund. Spätere Formen werden hingegen in der Höhe weitaus gedrungener und breiter.
Zu den Kubooktaedern zählen auch diverse Sonderformen, die nur noch entfernt mit einer Kugel etwas zu tun haben. Hierzu zählt auch das doppelkonische Gewicht (rechts, hinten). Es handelt sich um einen Typ der im Wechsel des 10./11. Jhs. verstärkt auftritt und vor allem für den südbaltischen Raum typisch ist.
   
       
Bilden http://www.historiska.se/data/?bild=238183 som visar objektet http://www.historiska.se/data/?foremal=371945
Kent Andersson SHMM
Waaggewichte aus Birka.
(Gleichzeitig Link zum Datenblatt) © Statens Historiska Museum, Stockholm
     
Kubooktaedergewicht aus Haithabu
(Steuer 1997, S. 291, Abb. 208; mit freundlicher Genehmigung des Archäologischen Landesmuseums Schleswig-Holstein)
   
Bilden http://www.historiska.se/data/?bild=306315 som visar objektet http://www.historiska.se/data/?foremal=454819
Elisabet Pettersson SHMM
Kubooktaedergewicht aus Ringome auf Gotland.
(Gleichzeitig Link zum Datenblatt) © Statens Historiska Museum, Stockholm
            
Kugelzonengewichte aus Haithabu
(Steuer 1997, S. 292, Abb. 209.8 u. 209.10; mit freundlicher Genehmigung des Archäologischen Landesmuseums Schleswig-Holstein)
     
Bilden http://www.historiska.se/data/?bild=227058 som visar objektet http://www.historiska.se/data/?foremal=364150
Fredrik Svanberg SHMM
Kugelzonengewicht aus der Schwarzen Erde, Birka.
(Gleichzeitig Link zum Datenblatt) © Statens Historiska Museum, Stockholm
   
     
Literaturnachweis:
S. Meinhardt, Waagen- und Gewichtsfunde aus dem Stader Hafen. In: A. Schäfer, F. Andraschko, B. Meller (Hrg.), Schätze im Schlick. Maritime Archäologie des 1000-jährigen Hansehafens Stade (Stade 2008), 67-78.
H. SteuerWaagen und Gewichte aus dem mittelalterlichen Schleswig - Funde des 11. bis 13. Jahrhunderts aus Europa als Quellen zur Handels- und Währungsgeschichte (Köln/Bonn 1997).
H. Steuer, Gewichtsgeldwirtschaften im frühgeschicht- lichen Europa – Feinwaagen und Gewichte als Quellen zur Währungsgeschichte. In: K. Düwel, H. Jankuhn, H. Siems, D. Tiempe (Hrg.), Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtlichen Zeit in Mittel- und Nordeuropa, Teil IV. Der Handel der Karolinger- und Wikingerzeit (Göttingen 1987), 405-527.
H. Steuer, Gekerbte Gewichte der späten Wikingerzeit. Fornvännen 82 (1987), 66-74.
H. Steuer, Geldgeschäfte und Hoheitsrechte im Vergleich zwischen Ostseeländern und islamischer Welt. Zeitschrift für Archäologie 12, 1978, 255-260.
H. Steuer, Zusammenklappbare Waagen des hohen Mittelalters. Archäologisches Korrespondenzblatt 7, 1977, 295-300.
H. Steuer, Gewichte aus Haithabu. In: Berichte über die Ausgrabungen in Haithabu 6 (Neumünster 1973), 9-22.