Messer mit Griff aus Geweih
         
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Rekonstruktionsvorschlag eines Messers mit verziertem Geweihgriff nach Holzvorbildern aus Haithabu von Matthias Barkmann.
       
Es handelt sich bei diesem Messer um eine für die Wikingerzeit ungewöhnlich Qualitätvolle Arbeit. Normalerweise waren die Messer weitaus weniger aufwendig. Die meisten Messer aus Haithabu und Birka haben relativ einfache Griffe aus Holz die der Form des oben gezeigten Messers in der Regel sehr ähnlich sind.
Messergriffe aus Geweih sind dagegen eher selten. Sofern sie komplett erhalten sind, weisen sie ebenfalls Formen auf, die mit dem oben gezeigten Stück nahezu identisch sind. Verzierungen treten sowohl bei Holz-- wie Geweihgriffen auf, sind zumeist aber sehr einfach gehalten. Trotzdem gibt es einige sehr aufwendig beschnitzte Messergriffe aus Holz, auch aus Haithabu.

Unter dem Geweihfunden aus Haithabu gibt es zudem einige nur relativ grob zugerichtete Griffe aus Rothirschgeweih, die möglicherweise ebenfalls als Messergriff gedient haben könnten. Allerdings ist eine Verwendung als Griff anderer Eisenwerkzeuge ebenso denkbar.

Eine Besonderheit stellen Messergriffe aus Holz mit seitlicher Kerbe im hinteren Drittel des Griffs dar. Hierfür gibt es einen Belegfund aus Haithabu, dessen Kerbe vermutlich dazu diente, das Messer einfacher aus der Scheide ziehen zu können

   
     
Verzierte Holzmessergriffe aus Haithabu
(Westphal 2006, Tafel 29; mit freundlicher Genehmigung des Archäologischen Landesmuseums Schleswig-Holstein)
       
Dass Messer ein tägliches Gebrauchsgut waren, beweist die Vielzahl stark heruntergeschliffener Messerschneiden, die in wikingerzeitlichen Siedlungen gefunden wurden. Offenbar wurden Messer so lange benutzt und nachgeschliffen, bis sie einfach nicht mehr brauchbar waren. 
Zudem waren die meisten Messer günstigerer Qualität, was Materialanalysen an Messern aus Haithabu und York beweisen. Grüßere Einschlüsse von Schlacken innerhalb des Stahls sind bei den Messern keine Seltenheit. Zudem lassen sich für einfache Messer extrem selten gewollte Damastmuster (sprich: mit Absicht zu Mustern gefaltete Stahl und Eisenlagen) nachweisen. Diese waren in der Regel aus "Monostahl" hergestellt (soweit man bei Luppenstählen überhaupt davon reden kann). 
Häufiger, wenn auch immer noch selten genug, waren dagegen so genannte Dreilagenstähle. Es handelt sich dabei um zwei weichere Eisen- oder Stahllagen zwischen die eine härtere Bahn gelegt wurde, die nach dem Feuerverschweißen die spätere Schneide bildete. Die prunkvollsten Messer stammen von Gotland. Hier wurden vor allem die Scheiden aufwendig mit Blechen aus Kupferlegierungen beschlagen. Metalleinlagen in Form von Drahtwicklungen in Kerben oder metallene Ösen an den Messergriffen sind ebenfalls vor allem auf Gotland und im östlichen Raum des skandinavischen Siedlungsgebietes anzutreffen. Vereinzelt sind sie allerdings auch im Fundmaterial von Haithabu vertreten. Da sich dort jedoch auch im übrigen Material Funde gotländischen Ursprungs finden, muss die Frage offen bleiben, ob es sich bei diesen um "heimische" Messer handelt oder es Stücke sind deren ursprüngliche Besitzer wirklich aus Gotland stammten.

Messer waren während der Wikingerzeit und im Mittelalter die Alltagsgegenstände überhaupt. Jeder brauchte sie als Werkzeug oder zum Essen. Entsprechend ist es kaum verwunderlich, dass es sie in verschiedenen Qualitäten und Ausführungen gab. Gleichzeitig stellten sie unabhängig von ihrer Qualität offenbar große Wertgegenstände dar, was dazu führte, dass man sie über längere Zeit benutzte, bis sie schließlich doch ersetzt werden mussten oder mit ins Grab gelangten.

       

Rekonstruktionsvorschlag eines Messers mit einfach gearbeitetem Geweihgriff nach Vorbildern aus Haithabu
       
               
Geweihgriffe aus Haithabu
(Ulbricht 1978, Tafel 41; mit freundlicher Genehmigung des Archäologischen Landesmuseums Schleswig-Holstein)
   
       
Literaturnachweis:
Berichte über die Ausgrabungen in Haithabu, Band 6. Untersuchungen zur Technologie des Eisens (Neumünster 1971).
P. Ottaway, Anglo-Scandinavian Ironwork from 16-22 Coppergate. The Archaeology of York. The Small Finds 17/6 (York 1992).
I. Ulbricht, Die Geweihverarbeitung in Haithabu. Die Ausgrabungen in Haithabu, Band 7 (Neumünster 1978).
F. Westphal, Die Holzfunde von Haithabu. Die Ausgrabungen in Haithabu, Band 11 (Neumünster 2006).
P. Westphalen, Die Eisenfunde von Haithabu. Die Ausgrabungen in Haithabu, Band 10 (Neumünster 2002).