Messer mit Holzgriff
         
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Rekonstruktion eines Messers mit Holzgriff nach Vorbildern aus Haithabu
       
Zurück zur StartseiteMesser zählen zu den häufigsten Funden des Mittelalters überhaupt. Dies ist kaum verwunderlich, da selbst heutzutage jeder täglich eines braucht. In der Wikingerzeit besaß vermutlich jeder Mensch sein eigenes, das er vermutlich abhängig von seinen finanziellen Möglichkeiten im Extremfall nicht nur zum Essen benutzte.
   

Messer waren und sind nicht nur Besteck, sondern auch Werkzeug. Damals waren die Grenzen vermutlich fließender als heute. Denn es käme heutzutage niemand auf die Idee, mit seinem Brötchenmesser handwerkliche Tätigkeiten auszuführen. - Zumindest nicht, wenn er eine Frau in der Nähe hat.


Wenn man sich dagegen evtl. nur ein Messer leisten kann, stellt sich diese Frage allerdings gar nicht erst. So ist es kaum verwunderlich, dass es Messer bereits in der Wikingerzeit in verschiedenen Qualitätsstufen gab. Angefangen bei dem Material der Klingen (s. Artikel "Messer mit Geweihgriffen") und schließlich auch bei den Griffen.

In der Regel sind keine Griffe mehr erhalten, weil diese aus organischem Material bestanden und nur in Feuchtböden erhalten bleiben. Unter den überlieferten Griffen domnieren jedoch bei weitem jene aus Holz, wie in Haithabu. Geweih kommt dagegen als Material kaum vor. Was es dagegen häufiger gibt,  sind Messer mit Holzgriff auf die ein einfacher Ring aus Geweih oder Knochen, seltener auch aus Bronze aufgeschoben wurde, bevor die Klinge in den Griff eingepasst wurde. So gibt es unter anderem auch aus Haithabu ein komplett erhaltenes Exemplar mit Bronzering. Messergriffe mit Beinringen fehlen aus Haithabu zwar in kompletter Form, dafür fanden sich aber einige durchbohrte Geweihringe einzeln und als Halbfabrikate in der Siedlung und im Hafen, die unter anderem auch für Messer gedacht sein könnten.

Diese Ringe hatten vermutlich nicht nur dekorativen Charakter, sondern sollten gleichzeitig verhindern, dass der Holzgriff durch die Angel der Klinge reißt. Dieselbe Funktion übernahmen Wicklungen aus Silberdraht an derselben Stelle des Griffs, wie sie zweimal in Haithabu, aber vor allem auf Gotland und in Birka zu beobachten sind.

Nichtsdestotrotz sind einfache Messergriffe aus Holz ohne Schnickschnack offenbar die Regel. Eine ganz spezielle Besonderheit stellen Griffe aus Holz mit seitlicher Kerbe am Ende des Griffs dar. Hierfür gibt es einen Belegfund aus Haithabu, dessen Kerbe vermutlich dazu diente, das Messer einfacher aus der Scheide ziehen zu können
   
       
Unverzierte Holzmessergriffe aus Haithabu
(Westphalen 2002, Tafel 57; mit freundlicher Genehmigung des Archäologischen Landesmuseums Schleswig-Holstein)
       
Durchbohrte Geweihringe aus Haithabu
(Ulbricht 1976, Tafel 43; mit freundlicher Genehmigung des Archäologischen Landesmuseums Schleswig-Holstein)
       
         
Literaturnachweis:
Berichte über die Ausgrabungen in Haithabu, Band 6. Untersuchungen zur Technologie des Eisens (Neumünster 1971).
P. Ottaway, Anglo-Scandinavian Ironwork from 16-22 Coppergate. The Archaeology of York. The Small Finds 17/6 (York 1992).
F. Westphal, Die Holzfunde von Haithabu. Die Ausgrabungen in Haithabu, Band 11 (Neumünster 2006).
P. Westphalen, Die Eisenfunde von Haithabu. Die Ausgrabungen in Haithabu, Band 10 (Neumünster 2002).