Archiv für die Kategorie „Rekonstruktionen“

Holzkopf

Dienstag, 19. Februar 2013

Bei den Ausgrabungen im Schleswiger Hafengang 11 wurde im Jahr 2007 neben einem reichen Fundmaterialspektrum unter anderem der obere Teil einer Holzfigur aus Eichenholz gefunden. Die Figur besteht aus Eichenholz und zeichnet sich durch ihre großen Mandelaugen und den geschwungenen Schnurrbart aus. In der Forschung wird aufgrund ähnlicher Funde im russischen Raum diskutiert, ob es sich hierbei evtl. um einen slawischen Hausgott – und somit einen „Einwanderer“ nach Schleswig – oder doch ein heimisches Stück handelt. Funde ähnlicher Figuren in weiteren nordeuropäischen Ausgrabungen lassen eine regional gebundene Interpretation zumindest als fragwürdig erscheinen.
Wenig hilfreich in dieser Diskussion ist, dass die Figur keinerlei Merkmale trägt, die auf eine mögliche Nutzung, beispielsweise als Verzierung an einem Möbel, hinweisen könnten. Fest steht allerdings allerdings die Datierung des inzwischen in der Forschung als „Schleswigmann“ bekannten Figürchens: Sie stammt aus dem 11. Jahrhundert.

Der Schleswigmann, geschnitzt von Ralph Schmidt

Die hier gezeigte Figur ist nach Vorlage des Originalfundes von Ralph Schmidt geschnitzt worden. Da die ursprüngliche Funktion nicht bekannt ist, haben wir uns für eine fragmentarische Widergabe des Fundzustands entschieden. Obwohl die Figur nach Vorlage entstanden ist, hat sie naturgegeben ein paar kleine Abweichungen von der Originalvorlage. – Ein vollkommen normaler Zustand bei Handwerksprodukten. Die Kunst von Ralph bestand allerdings darin, dass unsere Figur dadurch nicht einfach nur individuell ist, sondern an Leben gewonnen hat.

Wie schon früher gilt: Wer ähnliche Wünsche hegt oder sich über Ralphs andere Arbeiten einfach nur informieren möchte, wird auf seiner Homepage fündig:

http://sundisch-loepelmaker.jimdo.com

Alles im Sack!

Montag, 15. Oktober 2012

Bereits seit Längerem verwahre ich meine Gewichte zu der Klappwaage in einem einfachen Lederbeutel, wie sie u.a. auch für Haithabu belegt sind. Zum einen gefiel mir das schon geraume Zeit nicht mehr, zum anderen habe ich eine gefühlte Ewigkeit nichts mehr für das Hobby gebastelt. Dafür bleibt wie so oft nur der Feierabend übrig. – Aufgrund der jahreszeitlich bedingten Tageslichtbegrenzung, mit der man zur Zeit zu kämpfen hat, bot sich das Lederbeutelproblem als perfekte Sofa-Arbeit an.

Unter anderem gefiel mir schon länger das Konzept der „brieftaschenförmigen“ Taschen aus Haithabu. – Aber eben nur das Konzept. Die Ausgestaltung mit den in Karomustern angelegten Lederstreifen ist aber ein bisschen zu viel. – Ganz besonders wenn man bedenkt, dass die durch Schlitze im Taschenkörper gezogenen Lederstreifen ursprünglich mit Blattgold belegt waren. Außerdem passt diese Form nicht so richtig nach Haithabu.

Eine schöne Rekonstruktion dieser Taschen (ohne Gold) findet man im Blog von Haandkraft:
http://haandkraft.blogspot.de/2008/09/birka-wallet.html

Umso erfreuter war ich, als ich auf die „Brieftasche“ aus Roswinkel in den Niederlanden stieß. Das gute Stück wurde bereit im 19. Jahrhundert gefunden. Es hat eine vergleichbare Grundform mit den Birkataschen, allerdings ohne die Lederstreifen und die Lederösen an den Außenkanten. Die Innenseite der Tasche ist in zwei Fächer untergliedert, in deren oberer zwei Münzen des 9. Jahrhunderts gefunden wurden.
Die Innenseite der Tasche ist aus drei Teilen zusammengesetzt, während die Außenseite aus einem einzigen Stück Leder besteht, auf die die inneren Teile aufgenäht wurden. Die beiden oberen Teile der Innenseite sind an den oberen Enden geöffnet und ergeben dadurch offene Fächer. Das untere Stück Leder ist – zumindest nach der mir bekannten Fundzeichnung – geschlossen vernäht. Über das untere Taschenfach und das darunter aufgesetzte Teilstück der Innenseite ist ein rautenförmiges Muster mit Kreuzspitze aufgenäht, das außerdem nahelegt, dass der untere Teil der Tasche kein weiteres Fach gehabt hat. Das aufgelegte Muster würde ansonsten komplett über die Fachöffnung laufen.

Bei meiner Taschenvariante wollte ich aber ein zusätzliches drittes Fach haben, ohne auf das ausgeschnittene Ziermuster des Originals zu verzichten. Entsprechend habe ich es zweiteilig mit einiger Überlappung gestaltet. Meine Rekonstruktion besteht aus sämisch gegerbtem Hirschleder für die Teile des Taschenkörpers und vegetabil gegerbtem Rindsleder für den Besatz.

Tasche nach Vorlage aus Roswinkel/Niederlande, zusammengelegt
Tasche nach Vorlage aus Roswinkel/Niederlande (zusammengelegt).

Tasche nach Vorlage aus Roswinkel/Niederlande, aufgeklappt
Tasche nach Vorlage aus Roswinkel/Niederlande (aufgeklappt).

Eingeflogen

Mittwoch, 16. Mai 2012

Detail der rekonstruierten Vogelkopfschale aus Haithabu (Foto: Ralph Schmidt)

Eigentlich gerade in Vorbereitung: Ein kleiner Artikel für unsere richtige Homepage zu der Vogelkopfschale aus Haithabu. Wir finden aber, dass die Schale zu schön ist, sie so lange zu verstecken. Außerdem hat sie so einige Wirrungen hinter sich, die in dem Homepage-Beitrag einfach fehl am Platze sind. 🙂

Auch wenn man die Vogelkopfschale aus Haithabu immer mal wieder auch auf Märkten sieht, ist es doch immer so: Wenn man sie endlich haben will, ist das ersehnte Objekt überhaupt nicht mehr zu finden. Ergo musste sich jemand finden, der sie wirklich gut rekonstruieren kann. – Selbst machen ist immer eine Option, aber erstens ist die Vogelkopfschale schon deutlich figelinsch herzustellen ist. – Schon alleine, weil sie doch sehr dünnwandig ist. Selber machen, wird entsprechend deutlich kompliziert, ohne Garantie auf Gelingen.

Also doch lieber doch einen Fachmann anfragen. Aber wen? – Schließlich fand sich Ralph Schmidt und war mit Sicherheit auch die beste Wahl.
Das einzige Problem: Im Umland von Stralsund war es nicht möglich ein ideal (nicht zu sehr und nicht zu wenig) abgelagertes Stück Ahorn in ausreichender Größe zu bekommen…
Zum Glück hat ein lieber „Kunde“ von Stephan letzten Herbst im Gespräch erwähnt, er müsse noch Brennholz in seinem Wäldchen schlagen. Mit plötzlich sehr spitzen Ohren, fiel die Frage: „Haste da auch Ahorn drin stehen?“ – Nach weiterer Mitteilung der Hintergründe stand schon im Spätwinter darauf ein Ahorn weniger im Wald, dessen größter Teil in kommenden Jahren Karriere als heiße Luft machen wird, während einige kleinere (und trotzdem nicht übersehbare) Stücke freundlicherweise an Stephan weitergegeben wurden. – An dieser Stelle ein ganz großes Danke an Horst!

Dann begann erstmal eine ziemlich ruhige Zeit. Die einmal längs gespaltenen Stammstücke wurden, ihres Markstrahls entledigt, zur vorsichtigen Trocknung auf einem Kieler Balkon eingelagert. Diese Schonfrist verlängerte sich unfreiwillig durch eine Verletzung von Ralph noch ein wenig weiter. Als dann grünes Licht aus Stralsund kam, sollte ein 66 cm langer Holzklotz in die Post. Gesagt, getan, wäre da nicht ein ungeahntes Verpackungsproblem gewesen. Kaufbare Standardkartons für Nutzholz sind im Versandgeschäft offenbar nicht vorgesehen. Auch die Supermärkte um die Ecke boten merkwürdigerweise keine passenden alten Verpackungen an.
Frustriert zu Hause angekommen, fiel der Blick auf den eigenen alten Mikrowellenkarton, in dem seit Jahren der eigene Papiermüll gesammelt wird. Warum also in die Ferne schweifen, wenn… Ja, wenn das günstigste Versandunternehmen zwar nicht nach Gewicht, aber nach Packmaß versendet und der Karton mindestens um das Doppelte breiter als nötig ist. Auch bei der Länge fehlten ca. zwei bis drei Zentimeter. Dieses Problem ließ sich durch Gewalt lösen.

Für die Minimierung des unnötigen, aber kostenpflichtigen Lufttransports innerhalb des Kartons sorgte der exzessive Einsatz eines Bastelmessers in Kombination mit ungezählten Metern Paketklebeband. Nachdem der Ahorn in Tüten (zum Schutz vor unkontrollierter weiterer Austrocknung) mit Paketklebeband versiegelt worden war, wurde er in dem wohl ersten Karton gebettet, der einen direkten Atombombeneinschlag unbeschadet überstanden hätte.

Noch schnell Paketschein drauf und kurz vor Ladenschluss mit dem Paket in den Paketshop gestolpert. Bei dem Anblick der Betreiberin keimte das schlechte Gewissen immer schneller und trug bald eine dichte Laubkrone: Sie war gefühlte 1,20 Meter groß und um die Mitte 60, trug eine Lesebrille am Nackenband und entsprach genau dem Bild der Geschichten vorlesenden Überoma.
Auf das Angebot: „Soll ich das Paket selbst irgendwo ablegen?“, kam sie um den süßigkeitenbeladenen Tresen herum. Mit jedem Schritt von ihr schien sie immer kleiner zu werden, während das Paket immer größer wurde. Sie nahm das – inzwischen gefühlt mit ihrer Körpergröße identische – Paket wirbelte es durch die Gegend und meinte mit einem Lächeln: „Das Paket ist nicht schwer. Das geht schon!“ Etwas perplex wurde einfach nur bezahlt.

Von hier an ging alles wie von selbst. Zumal ab hier auch Ralph übernommen hat. – Das Ergebnis ist diese wunderschöne Schale, die man nur selten wirklich so gut rekonstruiert zu sehen bekommt. Die nüchternen Fakten wird es demnächst auf unserer Homepage geben.

Wer ähnliche Wünsche hegt oder sich über Ralphs andere Arbeiten einfach nur informieren möchte, wird auf seiner Homepage fündig:

http://sundisch-loepelmaker.jimdo.com

Die vollständige Vogelkopfschale nach Haithabu-Fund (Foto: Ralph Schmidt)

Heiliger Schein

Freitag, 13. April 2012

Es ist bekannt, dass Haithabu eine der ersten Kirchen auf dänischem Boden beherbergte. Was aber immer wieder gerne verdrängt wird, ist dass der neue Glaube nicht nur politisches Kalkül darstellte, sondern sich auch nach und nach in der Bevölkerung verankerte.
Ein Indiz dafür stellen importierte Devotionalien dar. Frühe Vertreter sind Emailfibeln mit Kreuz- oder auch Heiligen- bzw. Christusdarstellung. Sie können durchaus mit den Fremden aus dem Süden im Zusammenhang stehen, die ohnehin Christen waren und diese Stücke mitgebracht haben.
Trotzdem ist es bei dem verhältnismäßig zahlreichen Auftreten dieser Scheibenfibeln eher unwahrscheinlich, dass diese Stücke ausschließlich von Fremden getragen wurden. – Zumal Emailfibeln sich im Fundmaterial nicht nur auf die Handelszentren beschränken, sondern auch im ländlichen Raum antreffen lassen.

Unser Exemplar ist einem Fund aus Haithabu von Matthias Barkmann nachgefertigt. Lediglich die Farbwahl wurde variiert.

Heiligenfibel nach Fund aus Haithabu, gefertigt von Mathias Barkmann

Holzwahn…

Sonntag, 8. April 2012

Achtung hier gibt’s Werbung! – Warum? Nicht weil wir etwas umsonst bekommen, sondern weil wir wirklich von einer Holzhandwerkerfamilie überzeugt sind und hier endlich eine Produktlücke für den bewussten Wikingerdarsteller bedient wird, die vorher eher schwierig zu finden war.

Wirklich den Originalen nachgeformte Drechselwaren der Wikingerzeit, sind leider sehr lange absolute Mangelware gewesen. Zwar gab es so das ein oder andere Stück, das an Haithabu-Funde angelehnt war, aber diese hatten zumeist nur eine grobe Ähnlichkeit mit den Originalen gemein.

Dank Daniel van den Woldenbergs Familienunternehmen hat sich dies seit Anfang des Jahres geändert. Angefangen mit einem Becher und einer Schale aus Haithabu als Auftragsarbeit von uns hat er dieses Programm inzwischen dankenswerterweise deutlich erweitert und wir haben inzwischen auch schon wieder zugeschlagen. In Holzart, Massen und Ausformung entsprechen Daniels Stücke wirklich den Originalen (soweit nicht anders gewünscht). Sollte eine Holzart nicht lieferbar sein, verwendet er dennoch für den jeweiligen Fundort belegte Drechselhölzer.

Entsprechen die Waren von Daniel hundertprozentig den Funden? – Nein! Und daraus macht Daniel auch gar keinen Hehl.
Die Repliken von Daniel werden auf einer modernen Drehbank aus Trockenholz hergestellt. Die Originale sind aus Grünholz gedrechselt und haben deswegen zumeist deutlich gröbere Werkspuren. Der Nachteil der historischen Methode besteht ganz einfach darin, dass diese Stücke sich durch Trocknung noch stark verziehen und eine deutlich erhöhte Gefahr des nachträglichen Reißens besteht. Zudem dauert die Herstellung deutlich länger und wird dadurch teurer. – Alles Kriterien, die den modernen Kundenkreis eher abschrecken. Deswegen sind die Arbeiten von Daniel der perfekte Kompromiss zu Grünholzobjekten, der zudem noch durch wirklich faire Preise besticht.

Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, wird zur Zeit noch keine Homepage finden. Allerdings kann man über Facebook (https://www.facebook.com/Zeitenhandel) oder per E-Mail (info@zeitenhandel.de) mit Daniel Kontakt aufnehmen.

Schale, Typ 1 nach Westphal, Haithabu; Original: Ahorn (hier Buche)

Kleine Schale, Typ 9 nach Westphal, Haithabu; Ahorn

Becher, Typ 1 nach Westphal, Haithabu; Ahorn

Kleiner Becher, Typ 4 nach Westphal, Haithabu; Ahorn