Archiv für Mai 2012

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Mittwoch, 16. Mai 2012

Detail der rekonstruierten Vogelkopfschale aus Haithabu (Foto: Ralph Schmidt)

Eigentlich gerade in Vorbereitung: Ein kleiner Artikel für unsere richtige Homepage zu der Vogelkopfschale aus Haithabu. Wir finden aber, dass die Schale zu schön ist, sie so lange zu verstecken. Außerdem hat sie so einige Wirrungen hinter sich, die in dem Homepage-Beitrag einfach fehl am Platze sind. 🙂

Auch wenn man die Vogelkopfschale aus Haithabu immer mal wieder auch auf Märkten sieht, ist es doch immer so: Wenn man sie endlich haben will, ist das ersehnte Objekt überhaupt nicht mehr zu finden. Ergo musste sich jemand finden, der sie wirklich gut rekonstruieren kann. – Selbst machen ist immer eine Option, aber erstens ist die Vogelkopfschale schon deutlich figelinsch herzustellen ist. – Schon alleine, weil sie doch sehr dünnwandig ist. Selber machen, wird entsprechend deutlich kompliziert, ohne Garantie auf Gelingen.

Also doch lieber doch einen Fachmann anfragen. Aber wen? – Schließlich fand sich Ralph Schmidt und war mit Sicherheit auch die beste Wahl.
Das einzige Problem: Im Umland von Stralsund war es nicht möglich ein ideal (nicht zu sehr und nicht zu wenig) abgelagertes Stück Ahorn in ausreichender Größe zu bekommen…
Zum Glück hat ein lieber „Kunde“ von Stephan letzten Herbst im Gespräch erwähnt, er müsse noch Brennholz in seinem Wäldchen schlagen. Mit plötzlich sehr spitzen Ohren, fiel die Frage: „Haste da auch Ahorn drin stehen?“ – Nach weiterer Mitteilung der Hintergründe stand schon im Spätwinter darauf ein Ahorn weniger im Wald, dessen größter Teil in kommenden Jahren Karriere als heiße Luft machen wird, während einige kleinere (und trotzdem nicht übersehbare) Stücke freundlicherweise an Stephan weitergegeben wurden. – An dieser Stelle ein ganz großes Danke an Horst!

Dann begann erstmal eine ziemlich ruhige Zeit. Die einmal längs gespaltenen Stammstücke wurden, ihres Markstrahls entledigt, zur vorsichtigen Trocknung auf einem Kieler Balkon eingelagert. Diese Schonfrist verlängerte sich unfreiwillig durch eine Verletzung von Ralph noch ein wenig weiter. Als dann grünes Licht aus Stralsund kam, sollte ein 66 cm langer Holzklotz in die Post. Gesagt, getan, wäre da nicht ein ungeahntes Verpackungsproblem gewesen. Kaufbare Standardkartons für Nutzholz sind im Versandgeschäft offenbar nicht vorgesehen. Auch die Supermärkte um die Ecke boten merkwürdigerweise keine passenden alten Verpackungen an.
Frustriert zu Hause angekommen, fiel der Blick auf den eigenen alten Mikrowellenkarton, in dem seit Jahren der eigene Papiermüll gesammelt wird. Warum also in die Ferne schweifen, wenn… Ja, wenn das günstigste Versandunternehmen zwar nicht nach Gewicht, aber nach Packmaß versendet und der Karton mindestens um das Doppelte breiter als nötig ist. Auch bei der Länge fehlten ca. zwei bis drei Zentimeter. Dieses Problem ließ sich durch Gewalt lösen.

Für die Minimierung des unnötigen, aber kostenpflichtigen Lufttransports innerhalb des Kartons sorgte der exzessive Einsatz eines Bastelmessers in Kombination mit ungezählten Metern Paketklebeband. Nachdem der Ahorn in Tüten (zum Schutz vor unkontrollierter weiterer Austrocknung) mit Paketklebeband versiegelt worden war, wurde er in dem wohl ersten Karton gebettet, der einen direkten Atombombeneinschlag unbeschadet überstanden hätte.

Noch schnell Paketschein drauf und kurz vor Ladenschluss mit dem Paket in den Paketshop gestolpert. Bei dem Anblick der Betreiberin keimte das schlechte Gewissen immer schneller und trug bald eine dichte Laubkrone: Sie war gefühlte 1,20 Meter groß und um die Mitte 60, trug eine Lesebrille am Nackenband und entsprach genau dem Bild der Geschichten vorlesenden Überoma.
Auf das Angebot: „Soll ich das Paket selbst irgendwo ablegen?“, kam sie um den süßigkeitenbeladenen Tresen herum. Mit jedem Schritt von ihr schien sie immer kleiner zu werden, während das Paket immer größer wurde. Sie nahm das – inzwischen gefühlt mit ihrer Körpergröße identische – Paket wirbelte es durch die Gegend und meinte mit einem Lächeln: „Das Paket ist nicht schwer. Das geht schon!“ Etwas perplex wurde einfach nur bezahlt.

Von hier an ging alles wie von selbst. Zumal ab hier auch Ralph übernommen hat. – Das Ergebnis ist diese wunderschöne Schale, die man nur selten wirklich so gut rekonstruiert zu sehen bekommt. Die nüchternen Fakten wird es demnächst auf unserer Homepage geben.

Wer ähnliche Wünsche hegt oder sich über Ralphs andere Arbeiten einfach nur informieren möchte, wird auf seiner Homepage fündig:

http://sundisch-loepelmaker.jimdo.com

Die vollständige Vogelkopfschale nach Haithabu-Fund (Foto: Ralph Schmidt)