Typentafel zu wikingerzeitlichen Äxten
     
TypentafelnEines der wichtigsten Holzbearbeitungswerkzeuge der Wikingerzeit waren Äxte. Wer schon einmal den Bootsbauern des Wikingerschiffsmuseums in Roskilde zugesehen hat, weiß was Könner mit den unterschiedlichsten Axtformen leisten können.


   
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Typen in Norwegen gefundener Äxte nach Jan Petersen, zusammengestellt von Stephan.
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Als großer Systematisierer wikingerzeitlicher Waffen hat der Norweger Jan Petersen 1919 seine Monographie zu wikingerzeitlichen Schwertern geschrieben. In denselbem Werk hat er allerdings nicht nur Schwerter, sondern auch Lanzenspitzen, Schildbuckel und auch Äxte aus norwegischen Fundkomplexen vorgestellt und typologisiert.
Seine Datierungen sind allerdings nach mehreren Jahrzehnten inzwischen mit Vorsicht zu genießen, obwohl sie in der Tendenz zumeist noch zutreffend sind. Die große Besonderheit Petersens Arbeit besteht vor allem darin, dass es auch nach beinahe hundert Jahren für die Typologie der wikingerzeitlichen Waffen ein nach wie vor viel zitiertes Standardwerk ist.

Die hier angeführten Beschreibungen der Typen sind nah am Originaltext Petersens gehaltene Zusammenfassungen (übersetzt von Stephan). Die Passagen sind mit entsprechenden Literaturangaben am Ende des Absatzes versehen.
   
Petersen Typ A

Äxte dieses Typs werden gekennzeichnet durch kleine, symmetrisch angebrachte Schaftlochlappen, entweder mit einer flachen abgerundeten Linienführung oder in Form flachspitzer Zipfel, die oft ein wenig vom Corpus abgesetzt sind. Der Hals ist meistens schlank, die Schneide ebenfalls symmetrisch und leicht ausgeschwungen. Der Typ kann auch schwerer, weniger schlank sein und dabei weniger ausschwingen, sowie eine schwerere Schaftlochpartie aufweisen(Petersen 1919, 37). 

Werden die Schaftlappen spitzer, liegt dadurch eine Übergangsform zu Typ G vor. Hört die Symmetrie der Schaftlochlappen und Schneide dagegen auf und wenn die Lappen ihre Größe behalten während die Schneide außerdem ein wenig ausschwingt, handelt es sich um einen Übergang zum Typ H (ebd.).

Beim Typ A und seinen Übergangsformen handelt es sich um eine Axtform der frühen Wikingerzeit (Petersen 1919, 38).

       
Petersen Typ B
Dieser Typ gleicht in der Schaftlochpartie ganz dem vorangegangenen Typ, kann allerdings spitzer ausgeführte Lappen aufweisen; dabei können alle Varianten der Reinform des Typs A vorkommen. Der Hals ist schlank, das Blatt hat eine etwas ausgeschwungene Oberkante, aber die Unterkante ist in einen "Bart" ausgezogen. Darin unterscheidet sich dieser Typ wesentlich von Typ A. Die übrigen Gemeinsamkeiten mit dem oben beschriebenen Typ deuten auf eine Gleichzeitigkeit mit diesem hin, was durch die Kombination beider Axtformen mit denselben Schwerttypen in geschlossenen Funden gestützt wird (Petersen 1919, 38).
     
Petersen Typ C

Merkmale dieses Typs sind eine gerade Oberkante ohne obere Schaftlochlappen. Die Breite nimmt hinter dem Schaftloch normalerweise zu. (Was Petersen komischerweise im Text nicht erwähnt, ist das nach unten ausgezogene Ende der Nackenpartie!) Der ausgezogene "Bart" ist wie beim vorhergehenden Typ ausgestaltet (Petersen 1919, 39).

Dieser Typ ist in Norwegen lokal begrenzt, beinahe ausschließlich auf das Trøndelag und Nordland. Im Trøndelag waren Petersen etwa 35 Exemplare bekannt, aus dem Østland dagegen lediglich zwei. Typisch sei der Typ vor allem für Gotland, wo er 36 Exemplare gegenüber 18 weiteren aus dem restlichen Schweden vorliegen hatte. Voraussichtlich gehe dieser Typ auf die Römische Kaiserzeit zurück. In Norwegen schienen sie Petersen dagegen nicht vor der älteren Völkerwanderungszeit aufzutreten und bis in die frühe Wikingerzeit gebräuchlich zu sein (ebd.).

   
Petersen Typ D
Typ D ist Petersen zufolge eine direkte Ableitung aus dem Bartaxttyp. Die Schaftlochlappen sind, wie bei den Typen A bis C, von eher flacher Form. Im Vergleich zu diesen, sind sie allerdings stärker entwickelt, mit Einschwüngen und länger werdenden unteren Lappen. Der Bart schwingt weniger senkrecht nach unten aus. Der Hals ist zudem gleichmäßiger in seiner Dicke und Unterkante zur Ecke des Bartes hin ausgeformt. Auf Höhe dieser Ecke verläuft parallel zur Schneide ein Absatz, ab dem sich das Axtblatt verdünnt (Petersen 1919, 39-40).

Petersen zufolge handelt es sich bei dieser Axtform um eine direkte Entwicklung aus dem Typ B, den er in die früheste Wikingerzeit datiert. Entsprechend spricht sich Petersen für eine Datierung des Typs D vom Beginn bis zur Mitte des 9. Jahrhunderts aus. Allerdings war ihm bereits ein Fund aus Strand, Søndre Østerdal, bekannt, den er an das Ende des 9. Jahrhunderts datierte. Er ging jedoch davon aus, dass es sich bei dieser Axt möglicherweise um ein Altstück gehandelt haben könnte (Petersen 1919, 40).
   
Petersen Typ E

Die Schaftlochlappen haben sich hier einer weiteren Entwicklung unterzogen. Sie werden länger un oft  ungleichmäßig, so dass der untere Lappen länger ausgezogen ist und weiter als der obere hervorsteht. Aber für diesen Typ ist insbesondere das Blatt charakteristisch, auf dessen Mitte sich ein Absatz befindet. Dieser Absatz ist weiter hinten gelegen als bei dem vorherigen Typ und der Bart verliert seine ausgeprägte Form, verschwindet ziemlich, während die Oberkante stärker ausschwingt (Petersen 1919, 40).

Der Typ variiert entweder kaum in den symmetrisch angebrachten Schaftlochlappen und der Schneide im direkten Verhältnis zur Schaftlochpartie zeitlich älterer Exemplare, oder die Schaftlochpartie wird kürzer, während die Lappen eigentümliche Formen annehmen, das Blatt stärker ausschwingt (Petersen 1919, 41). 

Dieser Typ kann, in seinen äußersten Entwicklungsformen, weit durch die Zeit gehen. Nach seiner typologischen Stellung, datiert Petersen den Beginn dieser Axtform in die Mitte des 9. Jahrhunderts und sieht eine Fortsetzung bis ins 10. Jahrhundert für gesichert an. Zugleich merkt er an, dass jüngere Formen des Typs einen weiter hinten liegenden Absatz im  Blatt haben, während der Hals schlanker und die Schneide stärker geschwungen wird. Der Absatz im Blatt kann dabei sehr stark werden, während die Schneide ausgeprägt schief ausfällt. Das Stück zwischen Absatz- und Schaftlochpartie ist dabei stark eingeschwungen. jüngere Form kann er, seiner Meinung nach, mit Sicherheit bis um das Jahr 1000 nachweisen. Zudem kann er Mischformen mit dem L-Typ für diese Zeit nachweisen.

    
Petersen Typ F
Dieser Typ ist nach Petersen nur in sehr wenigen Exemplaren vertreten. Es scheint, als handele es sich um eine Mischform der vorherigen Typen mit Absatz auf dem Blatt (Typen D-E) und den jüngeren Typen ohne Absatz (H-K), wobei die Ausdehnung des Blatts in die Breite am Absatz beim Typ F fehlt, gleichzeitig ist der Absatz noch weiter nach hinten versetzt (Petersen 1919, 42-43).

Die Vergesellschaftung dieses Axttyps mit bestimmten Schwert-, Schildbuckel- und Lanzenspitzentypen veranlassten Petersen, den Typ F in das 10. Jahrhundert zu datieren (Petersen 1919, 43).
   
Petersen Typ G
Es scheint, dass dieser Typ eine weitere Entwicklung der längeren Exemplare des A-Typs darstellt. Aber die Form wird nun schlanker und die die Schaftlochlappen sind nun stärker entwickelt. Der Hals ist schlank, oft facettiert, die Schneide stärker ausgeschwungen und die Partie hinter dem Schaftloch nicht mehr so breit (Petersen 1919, 43).

Durch Fundvergesellschaftungen mit anderen Waffentypen und die typologische Entwicklung (hier merkt Petersen an: "[...] wenn sie denn richtig ist [...]"), gehört der Typ G, seinem Benenner zufolge, in die zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts, sei vereinzelt aber auch noch im 10. Jahrhundert zu finden (ebd.).
   
Petersen Typ H
Ein schlanker Typ mit verhältnismäßig kleiner Schaftlochpartie, nach oben und unten stärker ausgeschwungenem Blatt, wodurch die Schneide eine schwache Einbiegung macht. Die Schaftlochlappen liegen sich genau gegenüber und sind gleichmäßig zugespitzt, wobei die unteren länger ausfallen. Durch die ganze Gleichmäßigkeit und den schlanken Hals macht dieser Typ einen eleganten Eindruck (Petersens 1919, 43).

Das Auftreten zusammen mit anderen Waffentypen veranlasste Petersen dazu, diesen Typ etwa vom Jahr 900 bis in die Mitte des 10. Jahrhunderts zu datieren. Typologisch sieht er einen Zusammenhang mit den vorherigen Typen und der weiteren Entwicklung des Typs A (ebd.).
   
Petersen Typ I
Die gedrungene Form des vorherigen Typs - dick, stumpf und kurz. Durch die Vergesellschaftung mit bestimmten Schwerttypen, datiert Petersen diesen Axttyp in das 10. Jahrhundert (Petersen 1919, 43-44).
    
Petersen Typ K
Es gibt eine Reihe Axtblätter, die eine kurze, zusammengedrängte Schaftlochpartie und ein wenig ausgeschwungenes Blatt; insbesondere die Oberkante ist ziemlich gerade; die Schneide liegt als Folge davon schief. Die Form kann entweder mehr oder auch weniger schlank ausfallen, im Allgemeinen ist das Blatt jedoch ziemlich lang (Petersen 1919, 44).

Die Schaftlochlappen sind von unterschiedlicher Art und nach diesen Unterschieden kann dieser Typ in unterschiedliche Untergruppen eingeteilt werden. Die Lappen können entweder ungefähr wie beim H- oder I-Typ sein (ein wenig spitze Lappen oben und längere auf der Unterseite) oder sie können beide wenig entwickelt sein, beinahe abgerundet. Eine Gruppe für sich bilden Äxte fast ohne Schaftlochlappen oben und mit einem einfachen, spitzen Lappen unten (ebd.). Insbesondere die schlanken Untertypen mit stärker ausschwingender Unterkante und daraus resultierender schiefer Schneide gehören, Petersen zufolge, zu den jüngeren Gruppen dieses Typs (ebd.).

Petersen hat keinerlei Zweifel, dass es sich bei dem Haupttyp K um jüngere Axtformen handelt, keine von ihnen sei zusammen mit älteren Waffenformen gefunden worden. Entsprechend der Vergesellschaftung zusammen mit anderen Waffen, datiert er diesen Typ mit seinen Untergruppen insgesamt ins 10. Jahrhundert und sieht in ihnen Vorläufer schärfer abgesetzter Typen (Petersen 1919, 44-45).
   
Petersen Typ L
Das Blatt hat dieselbe Kopfform wie die vorhergehenden Typen. Die Schaftlochpartie ist dagegen sehr eigenständig ausgeformt: Die Schaftlochlappen gerade abgeschnitten oder abgestumpft.

Zeitlich sieht Petersen in diesem Typ einen späten Vertreter wikingerzeitlicher Äxte. Er setzt, seiner Meinung nach, etwa um die Mitte des 10. Jahrunderts ein und läuft weiter bis in das 11. Jahrhundert.
     
Petersen Typ M
Von diesem Typ gibt es große oder kleiner Exemplare, der letztere ist dabei für Norwegen möglicherweise der zahlreichste. Die Patie hinter den Schaftlochlappen ist rechteckig, beinahe quadratisch, von wo sich die Lappen verhältnismäßig breit nach oben und unten schwingen. Sie stehen ein wenig schief zueinander, der untere dabei ein wenig länger und etwas stärker angespitzt. Der Hals ist schlank, die Ober- und insbesondere die Unterkante dagegen stark ausgeschwungen. Die Schneide ist dabei im Verhältnis zur Schaftlochpartie ausgeprägt schräg gestellt. Ähnlich dem E-Typ ist parallel zur Schneide eine dicke Kante quer über das Blatt ausgebildet, allerdings ohne irgendeinen Zusammenhang mit dem Absatz jenes Typs. Das Blatt ist ansonsten ganz dünn und schwingt bei den größeren Exemplaren entsprechend stark aus (Petersen 1919, 46).

Petersen sieht in diesem Typ den letzten, in der Wikingerzeit entstandenen Axttyp. Die von Petersen vorgenommene Datierung des Auftretens dieses Typs im 11. Jahrhundert ist nach wie vor richtig. Zudem hält sich dieser Typ bis ins Mittelalter. Allerdings unterscheiden sich die mittelalterlichen Vertreter dieses Typs von den wikingerzeitlichen dadurch, dass bei den jüngeren Exemplare die Schaftlochlappen symmetrisch sind und die Schneide rechtwinklig zur Mittelachse gestellt ist (ebd.).
   
Literaturnachweis:
G. Arwidsson u. G. Berg, The Mästermyr find: A Viking age tool chest from Gotland (Stockholm 1983).

J. Petersen, De Norske Vikingesverd. En typologisk-kronologisk Studie over Vikingetidens Vaaben. Videnskapsselskapets Skrifter, Historisk-filosofisk Klasse 1919, No. 1 (Kristiania 1919).